Kommentar zum Microsoft-Nokia Deal

Seit 2 Jahren in enger Kooperation: Nokia und Microsoft (Foto: REUTERS)

Seit 2 Jahren in enger Kooperation: Nokia und Microsoft (Foto: REUTERS)

Microsoft übernimmt das Handy-Geschäft von Nokia. Damit steigt Microsoft selbst in die Handyproduktion ein. Es ist irgendwie, irgendwo nur ein logischer Schritt. Dennoch ein Paukenschlag, ein weit aus größerer als die Übernahme Motorola durch Google. Microsoft krempelt kräftig sein Kerngeschäft um, die Zeiten der reinen Lizensierung von Software sind vorbei. Microsoft will zum Anbieter von Hardware und Software werden, alles selbst managen und sich nicht mehr auf andere verlassen. Diese Unternehmensausrichtung ist schon länger bekannt. Nokia hingegen hat sich in den letzten Jahren immer mehr auf seine Kartendienste konzentriert und zählt heute zu den besten Kartendienstanbietern überhaupt. Den Smartphone-Trend verschlafen, den Karten-Trend frühzeitig erkannt. Dass die Übernahme in eine Zeit fällt, wo beide Unternehmen scheinbar mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ist nur augenscheinlich der Fall, auch wenn die Broker vom Aktienmarkt Nokia und Microsoft die letzten Monate eher skeptisch bewerteten. Nokia übernahm erst kürzlich die kompletten Anteile von Siemens am Joint-Venture Nokia-Siemens-Network. Ein reines Netzwerkgeschäft. Nokias Weg ist durchaus nicht ungewöhnlich. IBM machte es vor, verkaufte seine PC Sparte an Lenovo um sich auf andere Geschäftsbereiche und vor allem auf Dienstleistung/Service zu spezialisieren. Auch Dell versucht mit allen Mitteln sein Geschäft umzubauen, weg vom einfachen Hardware-Anbieter hin zum Service-Dienstleister. Das Geschäft mit der Lizensierung oder des reinen Verkaufs von Hardware scheint nicht mehr zeitgemäß zu sein. Unter diesen Aspekten ist der Kauf/Verkauf von Nokias Handy-Sparte nur eine logische Folge. Nokia kann sich also in aller Ruhe auf seine Netzwerk-Kunden und Kartendienste konzentrieren, Microsoft ist im mobilen Sektor auf einen Schlag zum Soft- und Hardware Anbieter geworden.

Was bedeutet der Kauf für den Smartphone-Markt?

Nun, erst mal gar nix. 2014 geht das Geschäft offiziell über die Bühne. Bis dahin wird sich nicht viel tun. Für die Zukunft könnte es aber gravierende Auswirkungen haben. Microsoft könnte den gleichen wahnsinnigen (aber erfolgreichen) Plan verwenden wie bei seiner ersten Spielekonsole; die Xbox. Ein kurzer Rückblick: die erste Xbox fand bei den Kunden wenig Anklang, zu hässlich, zu teuer, zu „lame“ –niemand wollte die Konsole wirklich haben. Aber Microsoft sah die Möglichkeiten des Marktes und wollte mit aller Macht seinen Teil vom Kuchen. Die 360 wurde regelrecht in den Markt gedrückt, verschiedene Versionen und mehrere Überarbeitungen haben dem Konzern Milliarden gekostet –letztlich mit Erfolg, der Name Xbox hat sich in der Spielelandschaft etabliert und ist nicht mehr wegzudenken.

Durch die eigenen Produktionsstätten könnte Microsoft den Markt regelrecht fluten: mit guter, günstiger Hardware und starken Subventionen wäre Microsoft in der Lage aggressiv seinen Marktanteil auszuweiten, der noch immer unter 10% ist. Die erworbenen Lizenzen sind das eigentliche Plus am ganzen Deal. Kamera-Techniken wie PureView oder von Pelican Imaging gehören jetzt Microsoft und könnten für ein Alleinstellungsmerkmal behilflich sein sich am Markt mobiler Geräte durchzusetzen.

Wie auch immer die Zukunft aussehen mag, letztlich bleibt zu hoffen, dass sowohl Ballmer als auch Elop ihr Wort halten, wenn sie in einem gemeinsamen Brief schreiben „das Beste von Microsoft und das Beste von Nokia vereinen“ zu wollen.

15 Responses

  1. frenzel sagt:

    Nicht zu vergessen HERE Maps… Beste mobile navigation.
    Die Kartengrundlagen von Nokia könnten zudem Bing Maps verbessern.. Scheinbar hat MS sich ja die verwendung von HERE auch ausserhalb von smartphones geleistet…

    • raptor321 sagt:

      Die HERE Maps Abteilung (inkl. aller anderen Nokia Kartendienste) gehören nicht zum Deal und bleiben somit in Nokia Hand. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass hier weiterhin eine enge verknüpfung erfolgt.

  2. THans sagt:

    Und Nokia darf ab 2015 wieder eigene Smartphones bauen 🙂

  3. Sleeper1982 sagt:

    So weit ich das auf anderen seiten gelesen habe bleiben die ganzen patente bei Nokia, Microsoft darf sie aber 10 Jahre nutzen

  4. jimapollo sagt:

    Hat schon Jemand mitbekommen was mit VERTU wird? Die sind doch glaub ich nur ausgegliedert aber gehören noch Nokia, oder?

  5. mober sagt:

    Also wenn man sich in den diversen Foren so umschaut, dann sind die Emotionen der meisten Poster ziemlich negativ und emotionsgeladen was die Übernahme betrifft.. Ich frage mich, wie es MS schaffen wird, nicht als “Nokia Killer” in die Geschichte einzugehen.

    • jimapollo sagt:

      Stimmt, leider hat sich in Deutschland eine Art “Nörglerkultur” etabliert. Pöbeln statt konstruktiver Kritik im Schutz der anonymisierten Kommentarfunktionen, scheint für Viele zum Hobby geworden zu sein. Grabenschlachten sind das teilweise. Und jeder Stammtischprolet weiß natürlich besser, was Multinationale Konzerne zu tun gehabt HÄTTEN. Ultimative Weisheiten des Stammtisch-, gepaart mit “Googlewissens” und einer Portion Vorurteilen. Und das bei nahezu jedwedem Thema….
      Witzig finde ich, dass bspw. Diejenigen die die ganze Zeit schrien, Nokia solle wieder Gummistiefel produzieren nun MS bzw. Elop vorwerfen Nokia zerstört zu haben… usw….

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